"Meine" Osteopathie

Hallo! Bevor Sie auf meine Website gestoßen und bis zu diesen Zeilen vorgedrungen sind, haben Sie wahrscheinlich schon viel über Osteopathie gehört, in anderen Quellen über Osteopathie und Osteopathen recherchiert. Daher will ich ihre Geduld nicht mit einem weiteren Abriss über Andrew Taylor Still oder den „ganzheitlichen Ansatz“ strapazieren. Ich halte es für sinnvoller, Ihnen zu erzählen, wie ich zur Osteopathie gekommen und letztlich - was ja viel wichtiger ist - dabei geblieben bin.

Als ich 1994 meine berufliche Tätigkeit aufnahm, ermutigte mich mein erster Chef Dr. Ganser, das Angebot der Ärztekammer für die Weiterbildung in Naturheilkunde zu prüfen. Ich entschloss mich dafür und erfuhr daraufhin Allerlei über Ernährung, Misteltherapie, Homöopathie, Akupunktur, Tanztherapie, Bachblüten, Thai Chi und die wundersame Wirkung von Stutenmilch. Heraus stach für mich der Vortrag eines Orthopäden (noch nicht ahnend, dass ich mal selber einer sein würde), der als Chirotherapeut tätig war und von einer manuellen Behandlungsmethode erzählte, von der ich bis dahin noch nie gehört hatte: Osteopathie. Der Vortrag weckte in mir das Gefühl, dass das etwas sei, mit dem ich mich mehr beschäftigen wollte. Und welch ein Glück - sozusagen direkt um die Ecke - an der Gutmann-Akademie in Hamm - wurden Kurse in Osteopathie angeboten.

Der Gottfried-Gutmann-Akademie eilte ein guter Ruf als Chiro- & manualtherapeutische Ausbildungsstätte voraus, und dort belegte ich meine ersten Kurse in Craniosacraler Therapie und Muskelenergietechniken. Die Unterrichtsreihen waren in Kooperation mit Osteopathen aus Amerika - dem Mutterland der Osteopathie - entwickelt worden. Harry Friedman, Wolfgang Gilliar und Dr. Horst-Peter Schwerdtner waren meine ersten Lehrer. Osteopathie war zu dieser Zeit in Deutschland noch keine strukturierte Ausbildung sondern eher eine „Spezialität“ für manualtherapeutisch Erfahrene (oder Vorbelastete?), die sich in diesen besonderen Kursen trafen. Am Anfang war das recht verwirrend, da ich mir überhaupt nicht darüber im Klaren war, wie bunt die komplementärmedizinische Welt ist. Und wenn man immer wieder auf Menschen trifft, die zu wissen glauben „was die Welt im Innersten zusammenhält“ - wird man irgendwann ... sagen wir mal: vorsichtig.

In den Jahren, die folgten, beschäftigte ich mich also auf der einen Seite mit dem „Craniosacralen Rhythmus“ - den man nicht messen kann, obwohl ihn jeder Osteopath zu spüren glaubt. Und auf der anderen Seite mit der klassischen Orthopädie - was bedeutete, dass ich z.B. lernte, wie man künstliche Hüften und Knie implantiert. Zum Glück waren meine Chefs und Oberärzte immer offen für meine osteopathischen Ansätze. So war es mir möglich, auch im klinischen Alltag entsprechende Erfahrungen zu sammeln. Immer wieder kam es zu verblüffenden Behandlungsergebnissen - und so verbrachte ich immer mehr Zeit in osteopathischen Kursen. Inzwischen war aus der „Osteopathischen Reihe an der Gutmann-Akademie“ ein eigener Verein geworden - die DAOM e.V. Die „Deutsche Akademie für Osteopathie“ wurde mir zur akademischen Heimat. Die ersten turbulenten Jahre des Vereins waren auch für mich aufregend. Ich begann in Kursreihen zu assistieren und machte mich hier und da nützlich.

Im weiteren Verlauf meiner Facharztausbildung lernte ich einen niedergelassenen Orthopäden kennen, bei dem ich regelmäßig in der Praxis aushalf. Ich versuchte auch hier, meine osteopathische Medizin unterzubringen. Natürlich war es keine Überraschung, dass das oft nicht möglich war, da man den Zeitaufwand für ein erstes Gespräch und die entsprechenden Behandlungen vorplanen muss. So musste ich mir im Jahre 2002 - nach der Facharztprüfung - eine Frage beantworten: Wollte ich eine „normale“ Orthopädische Praxis eröffnen - mit der Option Osteopathie als Hobby am Abend zu betreiben. Oder sollte ich „etwas ganz Verrücktes“ machen und eine osteopathische Privatpraxis gründen - nicht zuletzt, weil immer häufiger Patienten bei mir wegen osteopathischer Therapie anfragten. Mein Oberarzt kommentierte meine Absichten wohlmeinend aber skeptisch mit den Worten: „Schleusener, ich habe immer eine warme Suppe für sie!“ Und als ich mir meiner Entscheidung schon gewiss war, rief mich mein Chef zu sich und bot mir - fürsorglich wie ich ihn kannte - an, mich mit einem Freund in Verbindung zu bringen, der seine orthopädische Praxis aus Altersgründen abgeben wollte.

Ich habe dem verlockenden Angebot - wie man sieht - widerstanden. Anfang 2003 eröffnete ich dann also meine „osteopathisch/orthopädische Praxis“ in der es kaum etwas gibt, was man bei einem „richtigen“ Orthopäden erwartet (z.B. ganz viele Spritzen). Neben der Praxis nahmen meine Aufgaben bei der DAOM immer mehr Raum ein. Nach Jahren der Unterrichtstätigkeit und Mitarbeit im Vorstand wurde ich von der Vollversammlung im Oktober 2010 zum Vorsitzenden des Vorstandes gewählt. Wenn ich auch nicht unbedingt die große Berufspolitik als meine Aufgabe sehe, so erlaubt die Vorstandsarbeit doch Einblicke in „die osteopathische Szene in Deutschland“. Sie hilft mir, und ich hoffe auch meinen Patienten und Schülern, sich ein wenig besser in dem komplementärmedizinischen Dschungel zurechtzufinden. Nicht zuletzt ist es mir natürlich ein Anliegen meine Erfahrungen weiterzugeben. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich zurzeit die Bedingungen, zu denen diese geschieht, mit gestalten darf. Die DAOM hat 2010 ihren Sitz von Hamm nach Münster verlagert. Für Lehrer und Vorstand war dies eine Möglichkeit, einen gewissen Innovationsstau abzuarbeiten. Wir haben unser Ausbildungssystem von einem Modulsystem auf eine feste Seminarreihe umgestellt. Dadurch wurde natürlich auch viel Umstrukturierungsarbeit an den Unterrichtsmaterialien notwendig. Ich erlebe die Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsmaterial und nicht zuletzt das Unterrichten selber als sehr bereichernd.

Sie sehen: Die Osteopathie lässt mich nicht los!

... oder wie die Osteopathen sagen: „dig on!“